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Großes Interview mit der neuen Fußball-Abteilungsleitung

Neue Struktur, neue Gesichter - die Fußballabteilung des SuS Olfen hat ihre Führung auf links gekrempelt. Bernard Krursel (56), früher alleiniger Abteilungsleiter, hat von Werner Sander (54) und Georg Lackmann (42) Unterstützung bekommen. Sie bilden ein Abteilungsleitergremium, das mit Vereinssprecherin Martina Marott-von Stetten (48) im Interview die nahen Ziele des Vereins erklärt.

Sie sind seit fünf Wochen im Amt. Wie waren die ersten Tage im neuen Vorstand?

Lackmann: Spannend und emotional, geprägt durch den Abstiegskampf und die guten Spiele der ersten Mannschaft und der Aufgabe, die wir mit der zweiten Mannschaft haben.

Sander: Die sportliche Situation war zum Jahreswechsel noch anders und sieht ja jetzt etwas entspannter aus, auch wenn wir uns noch lange nicht sicher sein können, die Klasse mit der Ersten zu halten. Die bisherige Zeit war spannend, weil auf unseren Vorstandssitzungen immer wieder neue Themen auftauchen.

Krursel: Bei mir sieht die Situation etwas anders aus. Ich bin ja der Dinosaurier oder das Relikt. Bei der Vorstandsarbeit hat sich etwas verändert. Interessant ist es auch für mich, weil sich vieles ändert. Kontinuität nur im Wandel, sagt man ja. Es ist erfreulich anders. Mein erster Eindruck ist, dass es in eine richtige Richtung mit neuem Drive weitergeht.

Sind Sie neidisch auf finanzstarke Vereine?

Lackmann: Nein, ich würde es umgekehrt ausdrücken. Wir sind stolz auf den Olfener Weg, bei dem wir durch die erfolgreiche Jugendarbeit ermöglichen, Spieler aus den eigenen Reihen in die Seniorenmannschaften zu übernehmen. Wenn man die erste Mannschaft sieht: Da sind zu 90 Prozent Olfener Jungs. Wir wollen es mit einem Gemeinschaftsgefühl schaffen, auch wenn wir den anderen Mannschaften wirtschaftlich nicht die Stirn bieten können und auch nicht wollen.

Sander: Ich bin da überhaupt nicht neidisch drauf - ganz im Gegenteil. Wenn hier jemand kommt und uns 50.000 Euro für den SuS geben will und dafür bestimmt, welche Neuzugänge kommen, würde ich spontan Nein sagen. Das wollen wir nicht. Es gibt genügend Vereine, die ein schnelles Auf und Ab schon mitgemacht haben. Wir müssen langfristig ein positives SuS-Gefühl haben. Mit 100.000 Euro aufzusteigen, ist kein Kunststück, mit Olfener Jungs die Klasse zu halten, schon eher.

Krursel: Du müsstest zu den anderen Vereinen gehen und fragen, ob sie neidisch auf Olfen sind. Die Serie, die wir hingelegt haben, zeigt, dass es möglich ist, mit Olfener Jungs in der Bezirksliga zu spielen.

Olfen ist bekannt dafür, keine Prämien zu zahlen. Planen Sie, das zu ändern?

Lackmann: Wir müssen ganz klar differenzieren: Wir werden keine monatlichen Lohnzahlungen einführen. Bei uns wird man nicht für sein Freizeitvergnügen Fußball wie für einen Beruf entlohnt. Wir müssen zukünftig einen Weg finden, ein Erfolgsprämiensystem zu installieren. Wir haben bisher ein System, bei dem am Saisonende etwas in die Mannschaftskasse fließt. In der Bezirksliga ist das nicht zukunftsmäßig. Bisher sind die Rahmenbedingungen so, dass die Spieler ihre eigenen Schuhe mitbringen müssen, worüber andere Vereine lachen.

Wie sollen die neuen Rahmenbedingungen aussehen?

Lackmann: Wir arbeiten an einem Prämienmodell für die neue Saison. Was wir zugesagt haben, ist die Fahrtkostenerstattung.

Sander: Das ist sicher nichts Besonderes. Es geht in die Richtung, dass Spieler kein Geld mitbringen sollen, wenn sie in Olfen Fußball spielen wollen. Sie zahlen ja an Fahrtkosten quasi noch drauf. Das ist ein Ausgleich. Beim SuS gab es vor vielen Jahren schon einmal eine Fahrtkostenpauschale. Das war eine verkappte Prämie. So etwas wollen wir nicht. Wir wollen das auch langsam angehen, weil wir erst die Mittel schaffen müssen, um uns das leisten zu können. Die Prämienzahlung für einzelne Spieler ist aber nicht in der Planung. Als Kassierer werde ich da stark drauf achten. Das steht so in meiner Stellenbeschreibung.

Wären die finanziellen Mittel beim SuS da, um rund 30.000 Euro, ein durchschnittlicher Bezirksliga-Etat, in die erste Mannschaft zu stecken?

Kursel: Aktuell sind die 30.000 Euro nicht vorhanden.

Lackmann: Wir wollen mit Olfener Möglichkeiten ein Gemeinschaftsgefühl in dieser Stadt. Das erreichen wir über eine perfekte Jugendarbeit, perfekte Trainerausbildung und perfekte Rahmenbedingungen.

    

Ist es schwierig, in einer Stadt wie Olfen Sponsoren zu akquirieren?

Lackmann: Wir sind erstmal dankbar über die bisherige Unterstützung, die es durch Verbundenheit gibt. Aber es ist spannend, auswärts die Bandenwerbung zu sehen, wie groß da der Sponsoren- und Förderkreis ist. Da haben wir natürlich eine Menge Baustellen. Wir müssen den Part breiter streuen, größer und zugänglich machen, um die Rahmenbedingungen für die Bezirksliga zu schaffen. Unser Ziel ist nicht, eine Menge Geld einzusammeln. Wir wollen Nachhaltigkeit.

Herr Krursel, ist es möglich, sich mit der Olfener Philosophie in der Bezirksliga zu etablieren?

Krursel: Ich sage ja. Wir haben eine gute Jugendarbeit. Für eine Stadt wie Olfen war Kreisliga-Spitze Minimum des Anspruchs. Und ich sehe keinen Grund, warum es im Bezirksliga-Mittelfeld nicht reichen sollte.

Also geben Sie sich mit Bezirksliga-Mittelmaß langfristig zufrieden?

Lackmann: Es kann ja durchaus nach vielen Jahren Anspruch sein, das Bezirksliga-Niveau zu halten. Dafür müssen aber neue Strukturen geschaffen werden. Wenn das Optimum das Halten der Bezirksliga ist, ist das halt das Optimum.

Frau Marott-von Stetten, was sind die Werte, für die der neue Vorstand steht?

Marott-von Stetten: Team und Transparenz sind die zwei Hauptschlagwörter, die wir haben. Wichtig ist uns, diesen Aufbau nach außen transparent zu kommunizieren.

Früher gab es eine Hierarchie mit einem Abteilungsleiter, jetzt ein Vorstandsgremium. Warum haben Sie sich für diese Vorstandsstruktur entschieden?

Marott-von Stetten: Jeder im Gremium hat seine Stärken. Um diese Stärken zu bündeln, ist es unserer Ansicht nach besser, in einem Gremium zusammenzuarbeiten.

Also war das alte System nicht mehr modern genug?

Marott-von Stetten: Aus unserer Sicht ja. Wir haben heute andere Ansprüche und Anforderungen als noch vor Jahren.

Sander: Ich würde nicht sagen, dass es unmodern war. Es hat auch immer damit zu tun, welche Aufgaben anstehen und welche handelnden Personen zur Verfügung stehen. Es könnte durchaus sein, dass es in ein paar Jahren wieder einen Vorsitzenden gibt und das eine ideale Lösung ist.

Krursel: Ich stehe da voll hinter, allerdings haben wir in der Vergangenheit auch gute Arbeit gemacht.

Wie sind die Aufgaben im Gremium aufgeteilt?

Sander: Grob übernimmt Georg den Bereich Sponsoring und Jugend. Berni macht den Bereich Kreis und andere Vereine. Ich mache den Part Gesamt-SuS und Stadt Olfen.

Wie hat sich der neue Vorstand zusammengefunden?

Krursel: Der Kontakt kam über Wolfgang Rödiger zustande. Martina, Georg und er hängen ja alle Schalke an und kennen sich daher seit geraumer Zeit.

Lackmann: Wenn man Schalke-Fan ist und stolz, Olfener zu sein, fragt man sich, ob es nicht möglich ist, etwas von dieser Leidenschaft zum SuS zu tragen. Geld- und zeitmäßig nehmen viele Olfener viel für 90 Minuten Fußball auf sich. Mein emotionales Ziel ist es, das in kleinerem Sinne auch in Olfen hinzukriegen.

Krursel: Wenn Bundesligafans nicht gucken, was vor der eigenen Haustür passiert, dann ist das schade. Und da sehe ich Georg als Vorbild. Er hat ein grün-weißes Herz und nicht nur ein blau-weißes. Mich wurmt es, wenn jemand den Bundesligaklubs hinterherfährt und sich am Sportplatz in Olfen nicht blicken lässt.

Marott-von Stetten: Olfen ist so ziemlich die fußballverrückteste Stadt, die ich kenne. Ich habe 15 Umzüge hinter mir, aber so was wie hier habe ich noch nicht erlebt. Wir müssen die emotionale Bindung zu den Bürgern der Stadt hinkriegen.

Lackmann: Wenn man über den Marktplatz geht, sieht man Schalke-Schals und Dortmund-Schals. Vielleicht trägt bald ja auch jemand mal einen SuS-Schal.

 

Dürfen Olfener auch mal träumen?

Lackmann: Was wäre das Leben ohne Traum? Es sollte doch der Traum eines jeden B1-Junioren sein, in zwei oder drei Jahren in der Ersten zu kicken und selbst an der Geschichte mitzuschreiben.

Ist es dabei schwierig, wenn der Verein dann eine zweite Mannschaft hat, die nicht mehr in der Kreisliga A, sondern in der B-Liga spielt?

Lackmann: Wir haben zwei Spieler in der Stammelf, die direkt den Sprung geschafft haben und gut genug waren und trotz des jungen Alters in der ersten Mannschaft mitspielen.

Krursel: Natürlich ist es schöner, wenn du in der A-Liga gefordert wirst. Das ist der sportliche Aspekt.

Sander: Die Frage ist natürlich, ob die jetzigen Spieler der zweiten Mannschaft gefordert werden oder überfordert worden sind. Ich würde es nicht negativ für die Entwicklung sehen, wenn wir in der B-Liga oben mitspielen und im Fokus der Ersten stehen.

 Quelle: Ruhr-Nachrichten, Sebastian Reith, 01.04.2016